Wunschbaby nach IVF & Co.
Auf den ersten Blick ist nicht ganz klar, warum gerade lang ersehnte Wunschkinder und deren Eltern besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.
Sollten die Eltern nicht überglücklich sein und die Kinder somit behütet, beschützt und ebenso glücklich?
Bei genauerer Betrachtung wird klarer, warum diese Familien ein erhöhtes Risiko für besondere Herausforderungen tragen.
Der Schwangerschaft/Geburt gehen oft Jahre des unerfüllten Kinderwunsches voraus, mit all den damit verbundenen emotionalen Belastungen, wie Enttäuschung, Verzweiflung, Scham, Angst, … die in den werdenden oder frischgebackenen Eltern auch vermehrt Sorgen und Ängste hinsichtlich der Entwicklung des ungeborenen, oder bereits geborenen, Kindes auslösen können. Die Unsicherheit ob dieses Mal alles gut gehen wird (oft gibt es zusätzlich eine Geschichte vorangegangener Fehlgeburten), man hoffentlich endlich das gesunde Wunschkind in den Armen halten darf, und ob es sich gesund weiterentwickeln wird, kann sehr belastend sein.
Diese Unsicherheit, dieses Hoffen und Bangen, kann möglicherweise dazu führen, dass sich – speziell Eltern mit vorangegangenen Verlusterfahrungen – erst gar nicht richtig auf das ungeborene Kind einlassen können, und aus Selbstschutz vor einer weiteren schmerzhaften Erfahrung, eine gewisse emotionale Distanz wahren, die sich nach der Geburt nicht so einfach durchbrechen lässt und den Beziehungsaufbau mit dem Kind erschwert.
Der Umstand, Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen um ein Kind zu bekommen, kann Versagensgefühle auslösen, die psychisch belastend wirken. Und immer dann, wenn Eltern psychisch belastet sind, kann es zu Einschränkungen in der Kommunikation und Interaktion mit dem Kind kommen.
Speziell wenn Spenderzellen in Anspruch genommen werden, kann dies als buchstäbliches Eindringen fremder Personen in die Paarbeziehung empfunden werden. Dieses Gefühl kann sich aber auch ohne Spenderzellen einstellen und zB auf den behandelnden Arzt (hier habe ich bewusst die männliche Form gewählt) bezogen sein.
Automatisch, und sehr nachvollziehbar, hegen Eltern tendenziell hohe Erwartungen an das lang ersehnte Wunschkind und das Leben als Familie. Dieses Wunschbild mit der Realität der alltäglichen Belastungen, die mit einem Kind nun mal einhergehen, abzugleichen, kann zu Enttäuschungen oder überzogenen Erwartungen führen und in Folge die Beziehung zwischen dem Elternpaar, sowie auch zum Kind, beeinträchtigen.
Diese Aufzählung ist natürlich nicht vollständig, doch sollte sie ausreichend aufzeigen, wie die Belastungen reproduktionsmedizinischer Eingriffe indirekt auf die Eltern-Kind-Beziehung einwirken können, aber natürlich nicht müssen.
Falls du dich und deine Empfindungen in diesem Text wiederfindest, rede am besten offen mit deinem Partner / Deiner Partnerin darüber. Vielleicht fühlt er/sie ähnlich und das Gespräch kann euch beide entlasten.